Bereits die ersten Sekunden von SteamWorld Dig 2 bauen eine unheimlich dichte Atmosphäre auf. Dorothy McCrank, unser neuer Hauptcharakter, hockt auf einem kargen Felsen, während im Hintergrund schleppende Gitarrenklänge die trockene und in warme Farben gehüllte Landschaft untermalen. Dorothy hebt ein Flugblatt auf und prompt schlägt euch das Gesicht von Rusty, dem Protagonisten des Vorgängers, entgegen. Er scheint vermisst zu werden. Eure Aufgabe ist also klar: Durchkämmt die Wüste, bis ihr Rusty findet!
Auf eurem Weg zur nächstgrößeren Stadt, El Machino, kommt ihr jedoch sogleich einem mysteriösen Phänomen auf die Schliche: Die Erde unter euren Füßen scheint seltsam porös zu sein und stürzt schließlich ein. Nur mit eurer Spitzhacke bewaffnet, seid ihr auf euch allein gestellt. Und schon beginnt das Kernelement des Spiels: Wie schon in SteamWorld Dig grabt und hackt ihr euch durch die verschiedensten Gesteinsschichten, um euch einen Weg durch die dunklen Höhlen zu bahnen und seltene Materialien zu finden, die ihr später in Geld umtauschen könnt.
Das Erforschen von Höhlen und Finden von seltenen Materialien ist in SteamWorld Dig 2 euer Tageswerk.
Schnell wird euch der erste Hinweis gegeben, dass unter der Erde von El Machino nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Nicht nur die seltsamen Erdbeben und der einbrechende Boden, auch zwielichtige Kultisten treiben sich in den schummrigen Tiefen umher und scheinen nichts Gutes im Schilde zu führen. Je mehr ihr schließlich in der Handlung von SteamWorld Dig 2 voranschreitet und je mehr Gebiete ihr erforscht, desto mehr deckt ihr auch auf, was wirklich vor sich geht. Die Handlung kommt dabei zwar recht kurz, dafür aber motivierend daher, sodass ihr immer den nächsten Schritt wagen möchtet.
Auch, wenn ihr den ersten Teil nicht gespielt habt, solltet ihr keine Probleme haben der Handlung von SteamWorld Dig 2 zu folgen. Im Verlauf des Spiels sprecht ihr mit allerhand Charakteren, wodurch die Hintergrundgeschichte um Rusty, seinen Kampf gegen Vectron und sein Verschwinden klar dargestellt wird. Dies ist zudem gut ins Spiel eingebettet und bietet auch vergesslichen Zockern, wie mir, die Chance sich an die Geschehnisse aus Teil 1 zu erinnern.
Das Spiel geht dabei weniger linear vor als sein Vorgänger. Während man in SteamWorld Dig immer eine genaue Aufgabe vor Augen hatte, genießt ihr vor allem im späteren Verlauf des Spiels mehr Freiheiten. Interessant ist hierbei, dass man an diese Freiheit langsam herangeführt wird. In den ersten Spielstunden fühlt sich SteamWorld Dig 2 nämlich tatsächlich recht ähnlich wie sein Vorgänger an. Dies ändert sich aber schnell, wenn sich der Titel immer mehr entfaltet.
SteamWorld Dig 2 setzt da an, wo sein Vorgänger aufgehört hat und erweitert das Gameplay um diverse Aspekte
Um diese Freiheit auch koordinieren zu können, gibt es dieses Mal eine Karte, mit der ihr euren genauen Standpunkt feststellen könnt. Euer jeweiliges Missionsziel ist hierbei mit einem Pfeil markiert, sodass ihr sichergehen könnt, dass ihr euch unterwegs nicht verlauft. Für Puristen hier nur kurz die Anmerkung: Man kann diese Funktion auch ausstellen! Und generell gibt euch das Spiel die Chance, es eurem Schwierigkeitsempfinden anzupassen. So gibt es eine bestimmte Erweiterung, die euch mehr XP von Feinden gewähren, euch dafür aber auch mehr Schaden einstecken lassen und so weiter.
Überall in den Minen findet man verstecke Räume, die ein bisschen an die Schreine in The Legend of Zelda: Breath of the Wild erinnern. In jedem dieser Räume gibt es ein bestimmtes Rätsel, welches man lösen muss. Am Ende jedes Rätsels steht wiederum eine Belohnung. Meistens erlangt man hierbei Cogs, also kleine Zahnräder, mit denen man seine Ausrüstung um bestimmte Effekte erweitern kann. Manchmal findet man auch Artefakte, welche wiederum Blaupausen für weitere Ausrüstungs-Effekte freischalten. Dieses System ist unheimlich motivierend und vermittelt einen wunderbaren Sinn für Fortschritt.
Diese Stationen versorgen euch mit neuen Ausrüstungsgegenständen.
Die Rätsel in den versteckten Räumen sind dabei sehr vielseitig ausgefallen. Mal müsst ihr mittels Gehirnschmalz ein kniffeliges Problem lösen, mal gilt es die Steuerung des Spiels zu perfektionieren und einen brenzligen Spießrutenlauf hinzulegen. Jedes Mal, wenn ihr einen dieser Räume findet, freut ihr euch auf die Herausforderungen, die euch bevorstehen, da diese wirklich sehr viel Spaß machen. Auch der Schwierigkeitsgrad wurde hier sehr passend gewählt. Einige der Rätsel sind wirklich knackig, andere eher unterhaltsam und spaßig.
Immer, wenn ihr ein weiteres kleines Zahnrad gesammelt habt und dieses für einen bestimmten Effekt aufwendet, spürt ihr förmlich, wie ihr besser werdet. Dabei gibt es zum Beispiel auch Effekte, die sehr stark sind und daher mehrere Cogs auf einmal benötigen. Bedacht müsst ihr mit dieser Ressource zudem nicht umgehen: Eingefasste Cogs lassen sich jederzeit wieder entfernen und in anderen Ausrüstungsgegenständen verwenden, je nach dem, was ihr grade benötigt.
Solltet ihr mal nicht in diversen Räumen einer besonderen Herausforderung nachgehen, schlagt ihr euch durch allerhand Gesteinsschichten und kommt ab und zu auch an besonderen Stationen vorbei, welche euch mit neuen Items ausstatten. Dies äußert sich darin, dass ihr zum Beispiel einen Bohrer bekommt, mit dem ihr härtere Steine zerschlagen könnt, oder eine Waffe, mit der sich Blöcke aus der Entfernung heraus zerstören lassen. Hierdurch bekommt das Spiel eine Portion Metroidvania verliehen, die ihm sehr gut steht.
Das Leveldesign ist sehr abwechslungsreich und stellt euch immer wieder vor neue Herausforderungen
Immer wieder erinnert ihr euch so an bestimmte Abschnitte zurück, welche ihr nicht begehen konntet, nun aber erreichen könnt. Also kehrt ihr zurück und erforscht den unbekannten Pfad, der sich vor euch auftut. Manchmal kommt ihr dabei ganz vom Weg ab und vergesst die Haupthandlung, aber gerade das macht das Spiel so spannend. Leider gibt es keine wirklichen optionalen Umgebungen, sodass man manchmal das Problem hat, in Bereiche vorzustoßen, die erst nach einem bestimmten Gespräch relevant werden. Dies schmälert euren Erkundungsdrang aber nur selten.
Eine weitere Neuerung im Spiel ist, dass es nun mehrere Bosse gibt, die es zu besiegen gilt. Allerdings muss man anmerken, dass diese auch im Falle von SteamWorld Dig 2 etwas zahlreicher hätten ausfallen können. Dieser Gedanke drängt sich einem vor allem auf, weil die großen Kämpfe, die es zu bestreiten gilt, viel Spaß machen. Natürlich sind sie relativ einfach gestrickt und die Mechanik der Bosse ist durchschaubar, aber das Spiel hat schließlich auch den Anspruch, dass jeder gut durchkommen soll. Vor allem der Endboss ist hierbei lobend zu erwähnen, da er euch einige Schweißperlen auf die Stirn zaubern dürfte.
Die verschiedenen Umgebungen sind sehr detailreich und kommen mit allerhand Eigenheiten daher.
Eine Sache, die aus SteamWorld Heist übernommen wurde, ist der besondere Humor der Charaktere. Manche der NPCs sind gemein, geistesgestört oder haben einfach nur einen an der Klatsche. Andere wiederum zaubern euch wegen ihrer Unschuld ein Lächeln auf die Lippen. In den Gesprächen, die ihr mit den Charakteren führt, erfahrt ihr zudem immer eine gehörige Portion mehr über eure Umgebung und auch Wortwitze und Referenzen an Popkultur, Politik und Gesellschaft kommen definitiv nicht zu kurz. Durch die schiere Menge dieser Anspielungen dürfte jeder das Spiel zudem ein wenig anders wahrnehmen, da er verschiedene Referenzen versteht, oder eben auch nicht. Zwar ist das Spiel in der Vorschauversion noch komplett auf Englisch, doch hat Image & Form bereits einen Day One-Patch angekündigt, der auch die deutsche Sprachausgabe mit sich bringt. Mal schauen ob der Slang der NPCs auch in der deutschen Version witzig rüberkommen wird.
Ein weiteres Highlight von SteamWorld Dig 2 ist der wunderbare Soundtrack, welcher in den unterschiedlichen Spielabschnitten sehr vielseitig daherkommt und stets die passende Stimmung findet. So erklingen in El Machino leicht jazzige Töne, welche mit einem gewissen Grundrauschen, Leiern und Kratzen versehen sind, sodass man meint, ein alter Schallplattenspieler würde seinem Tageswerk nachgehen. Die Ödnis der Wüste gepaart mit dem quirligen Treiben in der Siedlung wird hierbei bestens untermalt. Ähnlich verhält es sich dementsprechend auch in anderen Umgebungen.
Der Soundtrack von SteamWorld Dig 2 unterstreicht die verschiedenen Umgebungen des Spiels perfekt
In Puncto Grafik ist der Nachfolger von SteamWorld Dig unheimlich gewachsen. Es gibt allerhand Details zu entdecken, jede Umgebung strotzt nur so vor Lichteffekten, kleinen Partikeln und bizarren Kreaturen, sodass die Augen stets auf dem Bildschirm gefesselt sind. Leider wird dabei der Fokus ein wenig auf den Vordergrund gelegt, sodass man nicht merkt, wie grandios es teilweise dahinter aussieht. Also lasst euch gesagt sein: Schaut auch öfters mal auf den Hintergrund! Dieser ist ebenso detailreich und sorgt für ein tolles Tiefengefühl.
SteamWorld Dig 2 spart definitiv nicht mit Anspielungen auf Filme, Serien, Politik und Gesellschaft.
Auch sind die unterschiedlichen Abschnitte des Spiels wunderbar in Szene gesetzt: Ob türkisgrüne Höhle mit allerhand Pilzen, Lavagrube oder Canyon, jedes Territorium hat seine eigenen kleinen Kniffe und Besonderheiten. Während ihr zum Beispiel auf großen Fungi herumspringen könnt, um höhere Ebenen zu erlangen, schlagen euch im Canyon Kakteen entgegen, die bei Zerstörung fiese Stacheln absondern, welche wiederum Gesteinsblöcke zerschlagen. Ein anderes Mal tropft Säure von der Decke und bringt den Grund unter euren Füßen zum Zerfallen.
Mit diesen Parametern spielt der Titel an manchen Stellen einfach nur wahnsinnig gut. Das führt dazu, dass sich die Herausforderung in jedem Abschnitt und in jeder Umgebung anders anfühlt. Mal müsst ihr euch durch schwieriges Terrain manövrieren, ein anderes Mal geht es darum, möglichst keine Aufmerksamkeit der Gegner auf sich zu ziehen. Hier wurde wirklich viel Herzblut ins Leveldesign gesteckt, welches mit einer ordentlichen Portion Expertise versehen war.
Kommen wir zu guter Letzt zum Umfang: In seinen Grundfesten dürfte euch SteamWorld Dig 2 rund acht Stunden vor der Konsole fesseln. Diese Zeit gilt jedoch nur für das Abschließen der Handlung. Anschließend lässt euch der Titel sämtliche Freiheiten, weitere Artefakte, von denen es insgesamt 42 gibt und die teilweise wirklich gut versteckt sind, oder Cogs zu finden. Möchtet ihr SteamWorld Dig 2 komplettieren, so dürft ihr gut und gerne mit der doppelten Spielzeit rechnen. Für den Preis ist der Inhalt also absolut angemessen, auch, wenn man einfach nicht genug vom Spiel bekommen kann und direkt mit dem dritten Teil, der hoffentlich nicht zu lange auf sich warten lässt, beginnen möchte.